CardBox 05 — Erste Kräuterbücher — Leonhart Fuchs und seine Zeitgenossen
Kaum hatte Johannes Gutenberg um 1450 in Mainz den Buchdruck erfunden und die ersten Bibeln gedruckt, war er auch schon bankrott und die Druckerei leitete sein ehemaliger Mitarbeiter Peter Schöffer. Und der suchte, nachdem er ebenfalls eine Bibel verlegt hatte, nach einem attraktiven Thema für ein weiteres Buch. Da bot sich ein Thema an, das uns auch heute noch beschäftigt: Krankheiten und ihre Heilung.
1484 brachte er den Herbarius Latinus heraus, ein lateinisches Nachschlagewerk für Heilpflanzen. Wohl um möglichst schnell auf dem Markt zu sein, ließ er die Texte „kompilieren“ also aus vorhandenen Quellen zusammenstellen. Und er machte sich die Erfindung eines Bamberger Druckers zu Nutze, der Gutenbergs Technik mit Holzschnitt-Illustrationen zum gemeinsamen Druck kombinierte. Bereits ein Jahr später erschien mit dem „Gart der Gesundheit“ ein weiteres Kräuterbuch, diesmal in deutsch und mit Originaltexten des Frankfurter Stadtarztes Johannes Wonnecke von Kaub.
Der „Gart“ war ein Bestseller, erst 1530, also etwa 50 Jahre später, erschien mit dem Herbarum vivae eicones („Lebendige Bilder der Kräuter“) von Otto Brunfels ein Kräuterbuch, das schon im Namen die entscheidende Neuerung trug: Die Abbildungen waren „lebendig“, also nach der Natur entstanden. In älteren Büchern — auch noch im Herbarius Latinus — sind die Pflanzen eher symbolhaft dargestellt.
Aber nicht nur die Naturnähe hob das Buch hervor, Brunfels gewann mit Hans Weiditz einen der bedeutendsten Holzschneider. Er stellte die Pflanzen in ihren Umrissen sehr genau dar, jedoch ohne jegliche Schraffur. Sein Naturalismus machte auch vor welken oder beschädigten Blättern nicht halt. Auch hier folgte eine deutsche Ausgabe: das Contrafayt Kräuterbuch war großer Erfolg für Brunfels. Mit seinen Darstellungen gilt er als einer der Begründer der modernen Botanik.
Auch der Tübinger Professor Leonhart Fuchs veröffentlichte 1543 sein deutsches New Kreüterbuch (Neues Kräuterbuch, New wird übrigens „neu“ gesprochen) ein Jahr nach dem lateinischen De Historia Stirpium commentarii insignes (Bemerkenswerte Kommentare zur Geschichte der Pflanzen). Die Bücher zeigten mehr als 500 Pflanzenarten, erstmals wurden Pflanzenarten aus der neuen Welt dargestellt: Tabak, Mais, Feuerbohnen und Kakteen. Die Maispflanze hatte Kolumbus 1493 nach Europa geschickt, Fuchs stellte sie zum ersten Mal dar — allerdings als „Türkisch Korn“, in der Annahme, sie stamme aus Kleinasien. Die detaillierten Beschreibungen und vor allem die einzigartigen Illustrationen setzen für lange Zeit Maßstäbe: Sie stellen nicht die individuelle Pflanze dar, sondern die typischen Eigenschaften einer Art. Fuchs war sich der Bedeutung seines Werkes wohl bewusst: Ein Passus im umfangreichen Titel der Historia lautet: „Der Arzt Leonhart Fuchs, der mit Abstand berühmteste Autor unserer Zeit.“
Die Verkaufserfolge des New Kreüterbuchs wurden allerdings ab 1544 weit übertroffen von Pietro Andrea Mattiolis Commentarii in sex libros Pedacii Dioscoridis Anazarbei de medica materia. Mattioli übersetzte die berühmte De materia medica (Über Arzneistoffe) des im 1. nachchristlichen Jahrhundert im Römischen Reich lebenden griechischen Arzt Pedanios Dioskurides ins Italienische. Das Buch traf offenbar den Nerv der Zeit: Die Renaissance besann sich auf die klassischen Autoren, die zwar lange bekannt waren, oft aber nur in Latein und damit nicht allgemein zugänglich. Zudem hatten die Commentarii einen hohen wissenschaftlichen Anspruch, die sorgfältige Übersetzung ließ die vorherigen Bearbeitungen als überholt gelten. Allein von 1544 bis 1562 wurden mehr als 32.000 Exemplare in 60 Auflagen verkauft.
Die Holzschnitte in den Werken von Fuchs und Matthioli setzten neue Maßstäbe in Bezug auf Genauigkeit und Qualität illustrierter botanischer Schriften, genaue Pflanzenbestimmung war nun möglich. Die Abbildungen stellen den Höhe‑, aber auch den Endpunkt dieser Kunst dar. Bereits 1592 erschien mit Fabio Colonnas Werk Phytobasanos sive plantarum aliquot historia (etwa: Pflanzenprüfstein oder die Geschichte einiger Pflanzen) das erste Kräuterbuch mit Kupferstichen.
CardBox 05. Bald lieferbar.
Kaum hatte Johannes Gutenberg um 1450 in Mainz den Buchdruck erfunden und die ersten Bibeln gedruckt, war er auch schon bankrott und die Druckerei leitete sein ehemaliger Mitarbeiter Peter Schöffer. Und der suchte, nachdem er ebenfalls eine Bibel verlegt hatte, nach einem attraktiven Thema für ein weiteres Buch. Da bot sich ein Thema an, das uns auch heute noch beschäftigt: Krankheiten und ihre Heilung.
1484 brachte er den Herbarius Latinus heraus, ein lateinisches Nachschlagewerk für Heilpflanzen. Wohl um möglichst schnell auf dem Markt zu sein, ließ er die Texte „kompilieren“ also aus vorhandenen Quellen zusammenstellen. Und er machte sich die Erfindung eines Bamberger Druckers zu Nutze, der Gutenbergs Technik mit Holzschnitt-Illustrationen zum gemeinsamen Druck kombinierte. Bereits ein Jahr später erschien mit dem „Gart der Gesundheit“ ein weiteres Kräuterbuch, diesmal in deutsch und mit Originaltexten des Frankfurter Stadtarztes Johannes Wonnecke von Kaub.
Der „Gart“ war ein Bestseller, erst 1530, also etwa 50 Jahre später, erschien mit dem Herbarum vivae eicones („Lebendige Bilder der Kräuter“) von Otto Brunfels ein Kräuterbuch, das schon im Namen die entscheidende Neuerung trug: Die Abbildungen waren „lebendig“, also nach der Natur entstanden. In älteren Büchern — auch noch im Herbarius Latinus — sind die Pflanzen eher symbolhaft dargestellt.
Aber nicht nur die Naturnähe hob das Buch hervor, Brunfels gewann mit Hans Weiditz einen der bedeutendsten Holzschneider. Er stellte die Pflanzen in ihren Umrissen sehr genau dar, jedoch ohne jegliche Schraffur. Sein Naturalismus machte auch vor welken oder beschädigten Blättern nicht halt. Auch hier folgte eine deutsche Ausgabe: das Contrafayt Kräuterbuch war großer Erfolg für Brunfels. Mit seinen Darstellungen gilt er als einer der Begründer der modernen Botanik.
Auch der Tübinger Professor Leonhart Fuchs veröffentlichte 1543 sein deutsches New Kreüterbuch (Neues Kräuterbuch, New wird übrigens „neu“ gesprochen) ein Jahr nach dem lateinischen De Historia Stirpium commentarii insignes (Bemerkenswerte Kommentare zur Geschichte der Pflanzen). Die Bücher zeigten mehr als 500 Pflanzenarten, erstmals wurden Pflanzenarten aus der neuen Welt dargestellt: Tabak, Mais, Feuerbohnen und Kakteen. Die Maispflanze hatte Kolumbus 1493 nach Europa geschickt, Fuchs stellte sie zum ersten Mal dar — allerdings als „Türkisch Korn“, in der Annahme, sie stamme aus Kleinasien. Die detaillierten Beschreibungen und vor allem die einzigartigen Illustrationen setzen für lange Zeit Maßstäbe: Sie stellen nicht die individuelle Pflanze dar, sondern die typischen Eigenschaften einer Art. Fuchs war sich der Bedeutung seines Werkes wohl bewusst: Ein Passus im umfangreichen Titel der Historia lautet: „Der Arzt Leonhart Fuchs, der mit Abstand berühmteste Autor unserer Zeit.“
Die Verkaufserfolge des New Kreüterbuchs wurden allerdings ab 1544 weit übertroffen von Pietro Andrea Mattiolis Commentarii in sex libros Pedacii Dioscoridis Anazarbei de medica materia. Mattioli übersetzte die berühmte De materia medica (Über Arzneistoffe) des im 1. nachchristlichen Jahrhundert im Römischen Reich lebenden griechischen Arzt Pedanios Dioskurides ins Italienische. Das Buch traf offenbar den Nerv der Zeit: Die Renaissance besann sich auf die klassischen Autoren, die zwar lange bekannt waren, oft aber nur in Latein und damit nicht allgemein zugänglich. Zudem hatten die Commentarii einen hohen wissenschaftlichen Anspruch, die sorgfältige Übersetzung ließ die vorherigen Bearbeitungen als überholt gelten. Allein von 1544 bis 1562 wurden mehr als 32.000 Exemplare in 60 Auflagen verkauft.
Die Holzschnitte in den Werken von Fuchs und Matthioli setzten neue Maßstäbe in Bezug auf Genauigkeit und Qualität illustrierter botanischer Schriften, genaue Pflanzenbestimmung war nun möglich. Die Abbildungen stellen den Höhe‑, aber auch den Endpunkt dieser Kunst dar. Bereits 1592 erschien mit Fabio Colonnas Werk Phytobasanos sive plantarum aliquot historia (etwa: Pflanzenprüfstein oder die Geschichte einiger Pflanzen) das erste Kräuterbuch mit Kupferstichen.